· 

Tauchen mit PFO

Persistierendes Foramen Ovale, kurz: PFO

Foramen Ovale - schon mal was davon gehört? Ein seltsamer Begriff, der übersetzt aus Medizinisch in Verständlich in etwa bedeutet: ovale Öffnung. Dabei handelt es sich um eine Verbindung zwischen dem rechten und dem linken Herzvorhof. Wir alle hatten das, nämlich bevor wir geboren wurden. Denn während der Schwangerschaft besteht diese Kurzschlussverbindung im Herzen jedes Kindes. 

PFO - Kurzschluss im Herzen

Diese Verbindung ist notwendig, damit der Brutkreislauf des Fötus optimal mit dem der werdenden Mutter verbunden ist. Nach der Geburt, sobald des Neugeborene abgenabelt ist, wird das Foramen Ovale nicht mehr gebraucht. Schließlich erfolgt ab diesem Moment der Blutkreislauf des Neugeborenen über seine eigene Lunge. Es atmet selbstständig und ist nicht mehr auf das sauerstoffreiche Blut seiner Mutter angewiesen. Und das Wunderwerk Mensch sorgt normalerweise dafür, dass diese Kurzschlussverbindung im Baby-Herz vollständig zuwächst.

(Quelle Text&Grafik: aqua med)

Bei etwa einem Viertel bis einem Drittel aller Menschen funktioniert das aber nicht, das bedeutet: die Öffnung verschließt sich nicht vollständig, sondern bleibt einfach ein Leben lang bestehen. Daher die Bezeichnung persistierendes, also dauerhaft bleibendes Foramen ovale: PFO. Eigentlich ein harmloses Loch im Herzen. Viele Menschen leben damit, ohne davon überhaupt jemals etwas zu erfahren. Sie sind durch die nicht komplett verschlossene Öffnung in ihrem Herz nicht beeinträchtigt und führen ein ganz normales Leben. 

Wann macht ein PFO Probleme?

Normalerweise überhaupt nicht. Medizinern zufolge kann es manchmal im Alter das Schlaganfall-Risiko erhöhen. Beim Tauchen kann der Defekt durch den Druck zum Problem werden. Muss aber nicht. Bei Simone ist es mehr als 800 Tauchgänge lang gut gegangen. Was dann vorgefallen ist, erzählt sie hier im Interview.

1000 Mal getaucht, 1000 Mal ist nichts passiert.

Die erfahrene, umsichtige Tauchlehrerin aus Bayern steht mitten im Leben und bezeichnet sich selbst als sportlich und gesund. „Krank war ich eigentlich nie“, sagt die heute 40-Jährige. Simone taucht seit 1999, ist CMAS-Tauchlehrerin (seit 2005) und hat schon viele Gewässer dieser Welt betaucht. Als Ausgleich zum Bürojob reist sie gerne um die Welt. Ihr Fokus dabei: Tiere unter sowie über Wasser in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen. Man könnte fast sagen: tausendmal getaucht, tausendmal ist nichts passiert. Aber dann….

Simone: "Ich habe gehustet. Das war mein Fehler."

Passiert ist es bei einem ganz normalen Tauchgang. Das war 2016, ich war mit einer Gruppe auf Malta zum Tauchen, zwei Fun-Dives pro Tag, es war unser vierter Tauchtag. Wie gesagt, ein ganz normaler Tauchgang, unter Einhaltung aller Sicherheitsfaktoren und Austauchphasen. Mein Allgemeinzustand war bestens, ich hatte genug getrunken, keinen Alkohol, und genug geschlafen. Aber…ich habe unter Wasser gehustet.

Und was hat der Husten dann ausgelöst?

Ich selbst habe überhaupt nichts bemerkt. Aber meinem Buddy, ebenfalls Tauchlehrerin, sind Flecken auf meiner Haut aufgefallen. Und tatsächlich hatte ich fleckige, marmorierte Haut im Bereich oberer Rücken, Brust und Nacken. Flecken, die aussehen wie nach einem Deko-Unfall. Das war allerdings das einzige Anzeichen. Sonst nichts, keine Gefühlssymptome wie Kribbeln, nichts. Zu dem Zeitpunkt war auch gar nicht klar, ob es eben doch ein Deko-Unfall war oder durch ein PFO verursacht.

Sichtbare Anzeichen für eine Dekompressionserkrankung (DCS): Fleckige, marmoriert aussehende Haut, genannt: Cutis marmorata, ist ein deutliches Warnsignal, das auf einen Taucherunfall hinweist. Ungefähr so wie auf diesem Bild kannst du dir das vorstellen (Foto: Canva).

Wie hast du auf die Flecken reagiert?

Ich bin sofort in den Pool, weil der kühl war, und hab auch gleich einen Liter Wasser getrunken. Dann sind wir zur Tauchbasis und haben das gemeldet. Allerdings hat der Tauchbasenleiter keine Notwendigkeit gesehen, etwas zu unternehmen, weil ich keine motorischen Ausfälle hatte. Ich kann jedem nur raten, im kleinsten Zweifel, ob möglicherweise ein Tauch-Unfall vorliegt, hartnäckig zu bleiben, auf Sauerstoff zu bestehen und sich von der Tauchbasis nicht abwimmeln zu lassen.

Bis du selbst aktiv geworden?

Klar, ich habe dann direkt die aqua med Notrufhotline angerufen. Der Arzt am Telefon sagte mir, ich soll sofort zurück zur Tauchbasis und darauf bestehen, dass ich eine Stunde lang Sauerstoff, möglichst 100-prozentigen, bekomme. Danach soll ich wieder anrufen. 

Wie hat dann die Tauchbasis dort reagiert?

Ich sagte, dass ich vom aqua med Arzt geschickt wurde, das hat wohl geholfen. Die haben mir Sauerstoff gegeben und sogar einen Guide abgestellt, der die ganze Stunde lang da war. 

Sauerstoff, möglichst 100 %. Wie ging es dir dabei?

Die Flecken haben sich sehr schnell zurückgebildet. Schon nach einer halben Stunde waren die weg und es kamen auch keine weiteren Symptome dazu. Genau das hab ich dann auch dem Arzt gesagt, als ich wie besprochen nach einer Stunde nochmal bei der Helpline von aqua med angerufen habe.

Reiner Sauerstoff - selbst bei kleinsten Anzeichen auf DCS (Foto: aquamed)
Reiner Sauerstoff - selbst bei kleinsten Anzeichen auf DCS (Foto: aquamed)

Konnte der Arzt von aqua med weiterhelfen?

Er meinte, es sei wohl ein leichter Tauchunfall gewesen. Und dann gab er mir noch den entscheidenden Rat mit: Ich solle unbedingt abklären, ob bei mir ein PFO vorliegt. Mein Tauchurlaub war dann leider vorbei. Ich war trotzdem weiter vorsichtig, habe nicht heiß geduscht, viel getrunken und erstmal beobachtet. Und zuhause dann eine Praxis gesucht, wo ich eine komplette Tauchtauglichkeitsuntersuchung mit einer Prüfung auf PFO machen kann.

Wusstest du da schon, was PFO bedeutet und wie es sich beim Tauchen auswirken kann?

Bevor ich meine Tauchlehrer-Ausbildung abgeschlossen hatte, wollte ich mein Herz auf PFO untersuchen lassen. Als Sporttaucher ist das bei der TTU keine Pflicht. Für Berufstaucher und Höhlentaucher zum Beispiel schon. Ich wollte das für mich abchecken lassen. Ich war damals beim Kardiologen zum Ultraschall. Wenn aber das PFO, also das Loch im Herz sehr klein ist, wie bei mir, kann es der Kardiologe im Ultraschall nicht sehen. 

Dann bist du also davon ausgegangen, alles ist gut, kein PFO?

Genau. Bis Malta. Danach war ich in München im KIZ (Kardiologie im Zentrum), wo zuerst auch ein Ultraschall gemacht wurde. Wieder nichts gesehen. Um aber eindeutig eine PFO-Diagnose zu sichern oder auszuschließen, haben die Ärzte dort zusätzlich ein Schluck-Echo gemacht. Und siehe da: Es war eben doch ein kleines Loch im Herz. Aber so klein, dass es nie aufgefallen war, selbst bei fast 1.000 Tauchgängen nicht.

Und wieso gerade bei diesem einen Tauchgang?

Wir haben lange darüber philosophiert, was der Auslöser gewesen sein könnte. Ich hatte genug getrunken, geschlafen, keine Unmengen Sonne abbekommen, keine Drogen, kein Alkohol konsumiert, bin sehr langsam aufgetaucht, langsamer als in der vorgeschriebenen Auftauchzeit, weil ich nebenbei noch fotografiert habe. Zwei Tauchgänge am Tag, Sicherheitsstopps, dazwischen eine Stunde Oberflächenpause, keine Deko-Tauchgänge. 

Was war dann der Auslöser? Und wie ging es weiter?

Ich habe unter Wasser gehustet, weil die Atemluft so trocken war. Durch den Druck vom Husten konnten dann wohl Bläschen vom einen in den anderen Blutkreislauf übertreten, durch das kleine Loch im Herz. Die Ärzte haben mir dazu geraten, das PFO verschließen zu lassen. Ich galt als Risikopatient, weil es trotz meiner Taucherfahrung passiert ist. 

Wie läuft so ein PFO-Verschluss ab?

Mittels Kathetertechnik wird ein kleines Nickel-Hybrid-Schirmchen zum Herzen gebracht. Das kannst du dir vorstellen wie so ein Schirmchen auf einem Eisbecher. Wenn man daran zieht, geht es auf. Die Ärzte platzieren und öffnen das Schirmchen so, dass es das Loch im Herz komplett verschließt. Eigentlich ein simpler Eingriff. Ich war danach eine Nacht mit einem festen Druckverband im Krankenhaus. 

Tauchen war dann erstmal nicht angesagt, oder?

Das ist alles innerhalb von vier Monaten passiert, von der ersten Untersuchung bis zum PFO-Verschluss. Nach einem weiteren halben Jahr dann Kontrolle per Schluckecho, ob alles gut sitzt. Und erst ein weiteres halbes Jahr später, also ein Jahr nach dem PFO-Verschluss, durfte ich überhaupt wieder tauchen. Alles in allem hieß das: über ein Jahr Tauchpause.

Ein Jahr Tauchpause! Wie war es danach für dich, wieder zu tauchen?

Während meiner Tauchpause habe ich mich mit dem „Low bubble diving“ Programm für sicheres Tauchen von aqua med beschäftigt. Diese sanfte Art des Tauchens empfiehlt sich für alle, die ein erhöhtes Risiko für einen Deko-Unfall haben. Zum Beispiel nach längerer Krankheit oder Herzinfarkt oder grundsätzlich für Personen, die anfälliger für Deko-Unfälle sind. Diabetiker und Übergewichtige zum Beispiel, da sich in Fett mehr Bläschen sammeln.

Was genau meint das low bubble diving?

Nicht tiefer als 10 Meter, nur Nullzeit-Tauchgänge, nicht mehr als ein Tauchgang am Tag, keine Strömung, keine weiteren Stressfaktoren. So habe ich wieder mit dem Tauchen angefangen. 


Hattest du Angst, dass so ein Vorfall nochmal passiert?

Nein, für mich selbst nicht, nachdem das PFO verschlossen war. Aber wenn man überlegt, wie viele Menschen das haben könnten, macht mir das schon Sorgen. Bei CMAS bin ich dem Thema PFO schon früh begegnet. Damals, etwa Anfang der 2000er, hieß es, jeder zehnte Mensch hat es. Inzwischen ist sogar davon die Rede, dass jeder Dritte betroffen sein könnte. Du kannst dir nie sicher sein, ob du nicht doch ein klitzekleines PFO hast. 

Was würdest du anderen Tauchern raten?

Eine wirklich gute, gründliche Tauchtauglichkeitsuntersuchung machen. Wünschenswert wäre übrigens auch eine Empfehlung der Verbände, zumindest bei Tauchlehrern die PFO-Untersuchung einzufordern.


Magst du noch etwas zu deiner Erfahrung mit aqua med sagen?

Da kann ich nur Gutes sagen. Ich bin sehr zufrieden und war total froh, dass der Arzt am Telefon so kompetent war. Gerade in einer Stresssituation ist das so wichtig. 

Lass uns über was Schönes reden. Was war bisher dein schönstes Taucherlebnis?

Da gibt es viele, aber eines der schönsten war auf den Malediven, als mir innerhalb von drei Tagen fünf verschiedene Haiarten begegnet sind, insgesamt etwa 350 Haie.

Und ist dir, außer durch mich, das Thema „Tauchen mit Handicap“ schon mal begegnet?

Ja, ich habe mal als Buddy beim Tauchen auf Lanzarote beim Behindertentauchen mitgeholfen. Es war schön zu sehen, wie die Rollstuhlfahrer durchs Wasser geführt wurden, wie schwerelos sie dabei waren. Und das Lächeln auf ihren Gesichtern danach ist einfach toll!

Danke, liebe Simone, dass du dir die Zeit genommen hast, deine spannende Story zu erzählen. Das Konzept "Low bubble diving" habe ich  aufgegriffen und einen extra Beitrag dazu geschrieben. Nach einer "Tauch-Zwangspause" aus gesundheitlichen Gründen sollte sich eigentlich jeder vernünftige Taucher an diese Regeln halten, finde ich. Hier findet ihr die Regeln.

 

Eure Nicole

 

Die Notrufhotline von aqua med lautet

+49 421 240 110 10

Falls du noch keine DiveCard hast, kannst du sie direkt hier bestellen. Sicher ist sicher!



Kommentar schreiben

Kommentare: 0