Diver Propulsion Vehicle - ideal für Handicaptaucher
Total abgefahren - im Turbo durchs Riff
Mit einem Scooter in voller Tauchmontur durchs Wasser cruisen, bestenfalls durch ein wunderschönes Riff – wie geil ist das denn bitte? Ich habe mir das erfüllt, allerdings nicht bloß zum Spaß. Ein bisschen schon, aber der Gedanke, der hinter dem Scooter-Kurs steckte, war ein ganz anderer. Denn so ein Unterwasser-Gefährt ist ein prima Vehikel für Taucher mit Gehbehinderung. Wer selbst schonmal versucht hat, alleine mit der Kraft der Arme zu schwimmen, weiß wie schnell einem da die Puste ausgeht. Das kostet unglaublich Kraft! Hand-Paddles oder spezielle Handschuhe mit „Schwimmhäuten“ helfen zwar, aber dennoch ist mitunter das Atemgas aus der Taucherflasche ziemlich schnell leergezogen.
Kraftsparend tauchen mit dem Unterwasser Scooter
Die Idee also: Mit einem kleinen, druckbeständigen Unterwasser-Freizeit-Scooter müsste das doch besser klappen. Lange musste ich nicht überlegen, denn als ich vor Monaten bei meiner Tauchkurs-Buchung mit dem Course Director Lars bei Buddy Dive besprochen hatte, welche weiteren Kurse ich zusätzlich zur Tauchlehrerausbildung bei ihm belegen möchte, war dieser Kurs schnell ausgewählt. Vollends überzeugt war ich, als mir Lars von Mike aus den USA erzählte, der bei ihm vor einigen Jahren des UW-Scooter-Kurs absolviert hat und seither jedes Jahr mit seiner Familie zum Tauchen nach Bonaire kommt, mitsamt seinem kleinen Scooter. Den Kurs hat er seinerzeit aufgrund seiner fortschreitenden Muskelerkrankung gemacht.
TAuchausbildung: PADI DPV Speciality Course
Gesagt, getan, Kurs gebucht. Und als ich in der Karibik gelandet bin, noch bevor mein eigentlicher Instructor-Kurs gestartet ist, sauste ich schon mit Lars durchs Riff. Denn zuerst habe ich selbst einen Scooter-Kurs belegt, dann einige Fahrten (auf alle Fälle mal die Pflicht-Tauchgänge für den Instructor-Kurs) mit dem tauchenden Zäpfchen durch die fabelhaften Riffe in der Karibik gemacht und dann die Prüfung zum DPV Speciality Instructor abgelegt. So heißt das Ding in der PADI-Sprache: Diver Propulsion Vehicle.
Diver Propulsion Vehicle - weiter, schneller, tiefer?
Das Riesenteil, das gerne auch mal fürs Tech-Tauchen genutzt wird, um schneller lange Strecke zu überwinden, weiter oder tiefer zu tauchen, hat mega Power und zieht einen ordentlich unter Wasser. Nicht ganz so einfach, das zu handeln, aber dafür habe ich ja den Kurs und etliche Tauchgänge zusammen mit meinem Tauchlehrer gemacht. Witzigerweise sind wir in einem einzigen Tauchgang drei Tauchplätze abgetaucht… bis wir in der City waren, von dort dann wieder zurück. Abgefahren….
DPV - mehr als bloß Spaß: "Mir schenkt das 10 weitere Jahre Tauchen"
Aber das Verrückteste an der ganzen Sache ist: Mike war zur selben Zeit bei Buddy Dive! Mein Tauchlehrer Lars hat uns einander vorgestellt und letztlich haben wir uns zu einem gemeinsamen Scooter-Tauchgang verabredet. Mike brachte seinen kleinen Scooter samt Anleitung und Transportkiste mit, so wie er das Ding bestellt und bekommen hat. Er hat uns eine richtige kleine Einführung in seinen Scooter gegeben, auf den er nicht nur sichtlich stolz ist. Es ist viel mehr als nur ein Vehicel für ihn. Ich bekomme immer wieder eine Gänsehaut, wenn ich ihn so inbrünstig und begeistert vor mir stehen sehe wie er von dieser kleinen technischen Errungenschaft vorschwärmt und sagt: „That gives me another 10 years of diving.“
Es ist schon manchmal echt unglaublich, welche Zufälle einem das Leben beschwert. Ein solcher Zufall war die wundervolle Begegnung mit Mike, der mit mir so offen über seine fortschreitende Muskelerkrankung gesprochen und sich sofort bereit erklärt hat, mir einen Teil seiner wertvollen Urlaubszeit zu schenken für einen gemeinsamen Tauchgang mit dem Scooter.
„That gives me another 10 years of diving.“ Mike Drabik
Handicap-Tauchen - Einfach machen!
Das war also völlig ungeplant Handicap-Diving. Mike ist an hypokaliämischer periodischer Paralyse, kurz hypoPP, erkrankt. Aufgrund eines Gen-Defekts ist die Leitfähigkeit der Muskulatur gestört, was zu einer chronisch fortschreitenden Muskelschwäche führt. Diese geht vor allem von Schulter- und Beckengürtel aus. Es kann sich aber langfristig auch eine Gehunfähigkeit entwickeln. Auf das Tauchen will Mike aber trotz seiner fortschreitenden Erkrankung nicht verzichten, zu Recht! Wir sind also zusammen mit Mike, seinem Mini-Scooter und unseren beiden Riesen-DPVs abgetaucht.
TAuchen mit... hypokaliämischer periodischer Paralyse
An Land geht Mike inzwischen an einem Stock, da seine Beckenmuskulatur bereits stark geschwächt ist. Mitsamt Tauchequipment ins Wasser steigen kann er also nicht mehr. Macht ja nichts, dafür gibt es Helfer! Wir haben ihn also erstmal gefragt, wie er am besten ins Wasser kommt und welche Hilfe er von uns benötigt. Kommunikation ist das A und O beim Handicaptauchen, diesem Thema habe ich bereits einen Blogbeitrag gewidmet, siehe hier.
Freizeit-Scooter als Hilfsmittel
Mike hat seinen Stock auf diese Seite gestellt, sich auf die Treppe gesetzt und ist Stufe um Stufe hinuntergerutscht. Wir haben ihm nach und nach sein Tauchzeug runter gegeben, erst ganz zum Schluss das kleine „Schätzchen“, sein Scooter. Und dann sind wir gemeinsam in sehr gemächlichem Tempo rüber zum Wrack getaucht, wo Mikes Frau Linda und Tochter Maja uns bereits erwartet haben. Ich durfte auch mal den kleinen Scooter übernehmen um ein Gespür zu bekommen, wie es sich mit einem solche „Hilfsmittel“ taucht. Und Tochter Maja durfte, angehängt an Lars, eine Runde mit dem saustarken DPV ums Wrack flitzen. Was für eine Gaudi. Auch das kann Tauchen sein.
Danke an dieser Stelle an Mike Drabik für die liebevolle Demonstration des Freizeit-Scooters, den offenen Austausch und den besonderen gemeinsamen Tauchgang.
Als PADI DPV Speciality Instructor darf ich nun selbst Tauchende im Umgang mit dem "Unterwasser-Zäpfchen" schulen. Bei mir bekommst du aber noch viel mehr, denn ich nehme mir für jeden einzelnen Schüler, für jede einzelne Schülerin genau die Zeit, die er oder sie braucht, um sicher und schwerelos durchs Wasser zu schweben. Mit oder ohne Hilfsmittel.
Bis bald, am liebsten unter Wasser
Eure Nicole
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