Wenn schon, denn schon. Im neuen Jahr will ich Tauchlehrerin werden, das ist jetzt beschlossene Sache. Um möglichst viele Menschen mit Handicap erreichen zu können, setze ich mal noch eins obendrauf und lerne die Deutsche Gebärdensprache. Kein Witz. Es soll einfach ein zusätzliches Angebot von mir werden, um Menschen mit Hörbehinderung beim Tauchenlernen zu unterstützen, zu vermitteln, Wesentliches konkret in Gebärden zu übersetzen. So der Plan....

Was das Tauchen ja für mich neben der Schwerelosigkeit ausmacht, ist die Stille unter Wasser. Nichts stört, das einzige Geräusch ist das Blubbern meines eigenen Atems. In den Genuss von Walgesängen oder Delfingeräuschen beim Tauchen bin ich leider noch nicht gekommen. Dafür würde ich auch gerne auf die sonst so die friedliche Stille verzichten. Für gehörlose Taucher ist es immer still, über und unter Wasser. Fallen ein oder mehrere Sinnesorgane bei uns Menschen weg, etwa durch eine Behinderung, sind dafür in der Regel die funktionierenden Sinne stärker ausgeprägt. Ich frage mich: Sehen dadurch taube Taucher besser? Die minikleinen Schneckchen, die bei vielen Tauchern so beliebten Nudibranches, oder minikleine Pygmy Seahorses, also mini, mini kleine Seepferdchen, die sich in Form und Farbe an Korallen angepasst haben und ohne ortskundigem Guide kaum zu finden sind.   

Wer schon mal mit einer Gruppe Gehörloser abgetaucht ist, hat wahrscheinlich genau das bemerkt: Die quatschen die ganze Zeit miteinander. Auf ihre Art eben. Und was sich Hörende von Nicht-Hörenden Tauchern abschauen können: der intensive Blickkontakt, der natürlich voraussetzt, dass die Buddy-Teams nahe beieinander tauchen. Genau das macht für mich sicheres Tauchen aus. Denn im Notfall kann mir mein Tauchpartner nicht helfen, wenn er zehn Meter tiefer durch die Kameralinse ein Schneckchen beobachtet. Aber das ist ein anderer Punkt - über Sicherheit beim Tauchen habe ich hier schon mal einen Blogbeitrag verfasst. 

Wann haben Menschen mit einer (Hör-)Behinderung Vorteile gegenüber Nicht-Behinderten? Beim Tauchen! Aber ganz so einfach ist es nicht. Zum einen gelten die internationalen Tauchzeichen für alle Taucher, um bei einem Notfall schnell und standardisiert reagieren zu können, ohne sich fragen zu müssen: "Hä, was will der mir denn sagen?" Und zum anderen sind genau diese Zeichen in der Gebärdensprache teils mit anderen Bedeutungen belegt. 

So ganz unbeschwert miteinander quatschen können Gehörlose auch deshalb nicht, weil ihnen etwas ganz Wichtiges zur Kommunikation fehlt: die Mimik! Hinter der Tauchermaske und mit Atemregler im Mund sind die wichtigen Kommunikationsmittel wie Kussmund, Augenbrauen hochziehen, Augen weit aufreißen definitiv nicht sichtbar. Außerdem lernst du schon im Anfänger-Tauchkurs, dass du deinem Tauchbuddy in die Augen schauen sollst. Du siehst es ihm nämlich in der Regel an, wenn etwas nicht stimmt.... 

Blöd wäre es, wenn der Taucher mit Hörbehinderung in Gebärdensprache "Erstaunen" ausdrücken möchte, was er eigentlich mit einem intensiven Blick, hochgezogenen Augenbrauen und weit aufgerissenen Augen betont. Und der Buddy dann aber in den weit aufgerissenen Augen Panik abliest und einen kontrollierten Notaufstieg startet....

Beachtet man VORHER all diese Bedingungen bzw. Einschränkungen, dann spricht überhaupt nichts dagegen, mit einer Hörbehinderung zu tauchen. Vorausgesetzt, der Druckausgleich klappt und die wichtigsten Zeichen sind innerhalb der Buddy-Teams geklärt. Wer dann das Vergnügen hat, sich in tauchertauglichen Gebärden unter Wasser zu unterhalten, erlebt die Unterwasserwelt vielleicht sogar noch intensiver. Denn was gibt es Schöneres, als im Nachhinein über einen wunderschönen Tauchgang zu sprechen? Die Antwort: sich schon beim Tauchgang auszutauschen.  

Wolfang Popp von den Devil Divers in Nürnberg bietet Tauchkurse auch in Gebärdensprache an. Wow, das finde ich super. Neugierig, wie ich bin (klar, berufsbedingt....), habe ich Wolfang angerufen und dazu befragt, wie es denn dazu kam. Denn meist bieten ja Tauchschulen, wenn überhaupt, Tauchkurse für Menschen mit Behinderung dann an, wenn selbst jemand aus dem näheren Umfeld betroffen ist. Bei den Devil Divers ist das gar nicht so. "Einfach aus Interesse" hat Wolfgang einen Gebärdenkurs besucht, um wenigstens die Grundzüge der Gebärden kennenzulernen. 

So das Motto von Wolfgang - und das unterschreibe ich selbst natürlich auch: einfach machen! Von seinen Erfahrungen mit einem gehörlosen Taucher spricht Wolfgang mit großer Begeisterung. Flach sollten die Tauchgänge sein, das Abtauchen besonders langsam. "Dann macht es richtig Spaß! Als Begleiter musst du darauf eingehen", betont er. Denn die Hauptgefahr ist seiner Ansicht nach der Druckausgleich: 

Darauf habe ich selbst noch nie geachtet, da ich ohnehin automatisch den Druckausgleich mache. Spätestens dann, wenn der Druck beim Abtauchen sich schmerzhaft in den Ohren bemerkbar macht... Natürlich nehme ich ein Ploppen wahr, sobald ich mir die Nase zuhalte und dabei kurz dagegen drücke, als wolle ich durch die Nase atmen. Ohne BLOBB kein Abstieg! Ich hätte aber nicht gedacht, dass ich dafür ein - an Land - funktionierendes Hörorgan brauche. Das sagt Wolfang dazu:

Mir fällt ein, dass es ja Vollgesichtsmasken gibt - übrigens eine Spezialisierung, die ich als Handicap-Tauchlehrerin dann auch anbieten möchte. Ob das eine Lösung wäre, will ich von Wolfgang wissen. Seine Antwort: "Selbst eine Vollgesichtsmaske erfordert den richtigen Umgang, auch da muss ein Druckausgleich erfolgen. Allerdings per Knopfdruck von außen, sodass entweder der Handicap-Buddy das gleich mit übernimmt oder dem gehörlosen Taucher rechtzeitig signalisiert, wann der Druckausgleich unbedingt notwendig ist."

Du bist selbst gehörlos, kennst Taucher mit Hörbehinderung oder kennst wen, der wiederum jemanden kennt, der oder die.... du weißt schon: Ich suche nach Antworten! Diesmal konkret auf die Frage: Wie machen hörgeschädigte Tauchende den Druckausgleich? Ich sage jetzt schon Danke für eure Rückmeldungen.