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Tauchen und Seekrankheit

Tauchmedizin | Eine Seefahrt, die ist lustig…

Eine Seefahrt, die ist schön… nicht für jeden. Warum aber hängen manche über der Reling – hoffentlich zur Lee-Seite – während anderen die Schaukelei, selbst bei starkem Wellengang, scheinbar gar nichts anhaben kann? Kann man das trainieren und wie lässt sich der Körper austricksen? Antworten findest du hier. 

Tauchsafari - dive, eat, sleep, repeat

Für mich das Beste überhaupt, wenn ich einfach nur tauchen möchte: eine Tauchsafari. Eine Woche mal auf dem Boot, mal im Wasser, aber selten an Land. Dive, eat, sleep, repeat. Also tauchen, essen, schlafen und das ganze von vorn. So lieb ich das! Aber gerade auf einer solchen Tauchsafari können Taucher erheblich der Seekrankheit zum Opfer fallen. Einfach so Tabletten schlucken? Keine gute Idee, insbesondere für Taucher mit Einschränkungen, die Medikamente nehmen müssen, welche sich vielleicht gar nicht mit Reisetabletten vertragen. Das solltest du für dich immer abklären lassen!

Die Tauch- und Reisemedizinprofis von aqua med geben dazu folgende Stellungnahme: „Immer wieder erreichen uns Anfragen, welches Mittel gegen Seekrankheit sich mit dem Tauchen verträgt. Seekrankheit wird von Medizinern Kinetose genannt, also wörtlich übersetzt Bewegungskrankheit. Diese kann, wie der Name schon vermuten lässt, auch im Auto, Flugzeug oder Zug auftreten.“ 

Seekrankheit - Chaos im Gehirn

Die Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Schwindel und Schweißausbrüche können in seltenen Fällen bis hin zum Kreislaufzusammenbruch führen. Das liegt daran, dass dem Gehirn generell auf dem Boot und bei Seegang unterschiedliche Informationen vermittelt werden. Der Gleichgewichtssinn meldet: Es schwankt unter mir. Die Füße aber melden an die „Zentrale“: Der Boden, auf dem ich stehe, ist fest. Früher oder später kapituliert das Gehirn und meldet zurück: Mir ist schlecht!

Seekrankheit vorbeugen - so wirst du nicht seekrank

  • Vor Bootsfahrten nicht zu viel essen oder trinken, ein zu voller Magen fördert die Übelkeit.
  • Kaffee- und Alkoholkonsum können die Übelkeit verschlimmern.
  • Während der Bootsfahrt möglichst Mittschiffs und nicht unter Deck aufhalten, dabei den Horizont beobachten, keinesfalls die Kabinenwand anstarren, lesen oder das Tauchequipment zusammenbauen.
  • Nur ins Wasser gehen, wenn noch keine Übelkeit eingetreten ist. Erfahrungsgemäß tritt bei normalem Wellengang ab 3-5 m Tiefe auch keine Übelkeit mehr auf.
  • Unmittelbar vor dem Tauchen ausreichend Flüssigkeit (möglichst Wasser) trinken und dann gleich ins Wasser gehen. Das vermindert das Risiko einer Dekompressionserkrankung erheblich, selbst wenn nach dem Tauchgang die Seekrankheit wieder zuschlagen sollte und erst dann Übelkeit und Erbrechen einsetzen.

Medikamente gegen Seekrankheit - Vorsicht!

Leider gibt es bis heute kein Medikament gegen Kinetosen, das sich wirklich mit dem Tauchen verträgt. Alle Mittel haben Nebenwirkungen auf das zentrale Nervensystem! Dazu zählen Müdigkeit, Reaktionsverlangsamung, Seh- und Koordinationsstörungen sowie Schwindel. Die an sich gut wirksamen Scopoderm® TTS-Pflaster zum Beispiel können die Pupillenreaktion beeinträchtigen und damit zu Sehstörungen bis hin zur Desorientiertheit führen. Das beliebte Vomex® A kann neben Reaktionsverlangsamung auch Benommenheit und Schwindel verursachen – allesamt Symptome also, die beim Tauchen sehr ernste Folgen haben können. Aus der Naturheilkunde gibt es Ingwer-Präparate oder aus der Homöopathie Cocculu D12 Anfertigungen, die beide frei sind von solchen Nebenwirkungen. Allerdings ist deren Wirksamkeit umstritten. 

Seebands - Druckpunkt gegen Übelkeit

Eine interessante Alternative bieten „Seabands“: elastische Armbänder, die mit einem erhabenen Plastikknopf versehen sind und so angelegt werden, dass der Knopf einen leichten aber permanenten Druck auf die Innenseite des Handgelenks ausübt. Abgeleitet aus der Akupressur befindet sich dort ein Druckpunkt gegen Übelkeit. 

Aqua med: „Bei Besatzungen von Hochseerennyachten, an denen wir diese Armbänder erprobten, haben wir tatsächlich eine deutliche Reduzierung der Beschwerden feststellen können. Allerdings fehlen auch hier wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit.“

(Symbolbild, CANVA)

Eine Frage der Übung - Schaukeltraining fürs Gehirn

Letztlich gibt es aber noch einen Trost: Reaktionen auf Bewegungsreize sind trainierbar! Sind Menschen lange genug auf See, gewöhnen sich fast alle an das Schaukeln, einige früher, andere später. Astronauten müssen beispielsweise in der Schwerelosigkeit arbeiten, einem Gefühl im Magen wie ein ständiger freier Fall. Jeder Astronaut lernt den Umgang hiermit in „Kotzbombern“ (umgangsprachlicher Jargon der Flugmediziner): In immer wiederkehrenden Sturzflügen dieser Flugzeuge aus großen Höhen müssen sich die Raumfahrer an dieses Gefühl gewöhnen und... es klappt!


Zugegeben, das ist natürlich keine Maßnahme für uns Taucher, ob mit oder ohne Handicap. Aber was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann: Man gewöhnt sich dran. In den ersten Jahren hab‘ ich vor jeder Bootsfahrt, ob Tretboot, Schlauchboot oder Fähre, immer dreimal kontrolliert, ob meine Reisetabletten auch wirklich griffbereit in der Tasche liegen. Naja, offenbar war das ohnehin nur ein Placebo-Effekt…. Inzwischen vertrage ich die Schaukelei problemlos. Zum Glück, denn viele der grandiosen Tauchplätze sind nun mal nur vom Boot aus erreichbar.  

Stellt sich die Frage: Wie kommen Taucher mit Gehbehinderung eigentlich aufs Boot? Ach, da gibt es viele Wege. Dazu folgt demnächst ein eigener Blogbeitrag.

 

Bis dahin,

 

Eure Nicole

Quelle: aqua med, Fotos: CANVA & N. Kraß


Du hast medizinische Fragen rund ums Tauchen, Tauchen mit Handicap oder Seekrankheit? Tauch- und reisemedizinische Beratung erhälst du bei aqua med unter der Rufnummer +49 421 240 110-15

Für Inhaber der dive card ist der Service kostenlos.


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