Tauchlehrer:in werden - IDC bei Buddy Dive Bonaire
Mal eben schnell den Tauchlehrerschein machen? So einfach ist das nicht – zum Glück! Schließlich tragen Tauchlehrer:innen eine enorme Verantwortung. Das soll dich aber nicht abschrecken, falls du genau diesen Weg gehen möchtest, eher darauf vorbereiten. In diesem Beitrag erzähle ich von meinen Erfahrungen während der Ausbildung zur PADI Instructor.
Warum habe ich mir überhaupt diesen doch unsäglichen Stress angetan, mit über 50 noch eine Ausbildung zur Tauchlehrerin zu machen? Muss das sein? Ich habe schließlich einen Job, ich bin nicht mehr so ganz gesund, lebe ohnehin immer mit angezogener Handbremse, sollte Stress vermeiden, damit meine MS weiterhin den Schlaf der Gerechten schläft.
Taucher mit Handicap ausbilden - mein Herzenswunsch
Warum also? Damit ich anderen meine liebste Welt, die unter Wasser, zeigen und mit ihnen meine Freude am Tauchen teilen kann. Und damit eben noch mehr Menschen mit – und ohne – Behinderung das Tauchen auf sanfte, ruhige Art lernen können. Das ist mein Plan, dazu fühle ich mich berufen. Somit war es nur eine logische Konsequenz, nach meiner Divemaster-Ausbildung auch noch den IDC obendrauf zu packen. IDC, drei Buchstaben mit großer Bedeutung: Instructor Development Course. Dieser dauert je nach Tauchschule etwa 1,5 bis 2 Wochen. Im Anschluss musst du eine zweitägige intensive Lehrprobe, die "Instructor Examination", kurz: IE, bestehen. Es ist allerdings ein weit verbreiteter Irrtum, dass du in dieser kurzen Zeit mal eben schnell deinen Tauchlehrerschein machst. Du gehst da einen längeren Weg... und das sind die Voraussetzungen dafür.
Voraussetzungen, um PADI Tauchlehrer:in zu werden
- PADI Divemaster (und somit mind. 18 Jahre alt)
- seit mind. 6 Monaten brevetierter Taucher
- mind. 60 geloggte Tauchgänge beim Start des IDC, 100 geloggte Tauchgänge für die Teilnahme an der Instructor-Prüfung (IE)
- Nachweis über die Teilnahme an den Kursen Emergency First Response Primary und Secondary Care (EFR Erstversorgung und Zweitversorgung) innerhalb der letzten 24 Monate
- gültige Tauchtauglichkeitsuntersuchung, nicht älter als 12 Monate (mehr dazu siehe Blogbeitrag)
- Emergency First Response Instructor, wird meist als Teil während des IDC angeboten
Der gesamte Instructor Development Course (IDC) besteht aus zwei Teilen: dem Assistant Instructor (AI) Kurs und dem Open Water Scuba Instructor (OWSI) Programm. Ich habe den kompletten IDC, also beide Teile zusammen gemacht und direkt im Anschluss das zweitägige „Instructor Exam“ (IE) absolviert. Tauchlehrer:innen einer anderen Tauchausbildungsorganisation können ggf. direkt an einem OWSI Programm von PADI teilnehmen und dann den IE machen. Das muss individuell bei PADI angefragt werden.
Instructor development course: Tauchen lehren lernen
Das Finale der Tauchlehrer-Ausbildung, den IDC mit abschließender Lehrprobe habe ich in geballter Form bei Buddy Dive in der Karibik durchgezogen. Natürlich hätte ich den IDC auch in meiner örtlichen Tauchschule wie zuvor bereits den Divemaster-Kurs machen können, ebenso über mehrere Monate verteilt mit Workshops hier und da. Aber ich wollte lieber komprimiert und fernab meines Alltags zuhause ganz tief in die Materie eintauchen, ohne mich dabei zusätzlich um Job, Familie und Alltag zu kümmern. Eben „nur“ tauchen lehren lernen. Du lieber Himmel, was für ein Konstrukt. Aber es trifft die Idee, die dahintersteckte, ziemlich genau. Ganz ging diese Rechnung nicht auf, denn die monatelange Vorbereitung fand ja trotzdem inmitten meines Lebens hier statt. Danke an dieser Stelle an die Geduld meiner Familie und Mitmenschen, die mich oft stundenlang auch an den Wochenenden oder abends nur über meinem Laptop hängend, in Tauchtheorie und E-Learnings versunken oder irgendwelche Knoten knotend vorgefunden haben. Und einige Abende hab ich dann auch noch Schwimmbad beim Üben der Tauchfertigkeiten im örtlichen Tauchverein verbracht.
Mitte April startete ich also in die Karibik, gerade wieder einigermaßen genesen nach einem gesundheitlichen Einbruch (leider hatte mich die MS kurzzeitig ausgeknockt) und mit dem Ziel, als Tauchlehrerin zurückzukehren. Außerdem hatte ich einige Instructor Speciality Kurse gebucht, die ich als sinnvolle Ergänzung sehe, wenn ich dann als Tauchlehrerin für Menschen mit Behinderung starte.
Spezialkurse für Taucher mit Handicap
Night Dive Speciality Instructor, weil ich selbst Nachttauchgänge liebe. Die sind so anders, wobei ja ohnehin kein Tauchgang dem anderen gleicht. Aber mich faszinieren sie, sie sind meist weniger herausfordernd, da in geringerer Tiefe, nicht allzu lang und somit, wie ich finde, unter Umständen auch für Taucher mit Handicap ideal. Noch dazu gilt Bonaire als hervorragendes Tauchrevier für Nachttauchgänge. Was ich bestätigen kann! Und weil meine Erfahrung so besonders war, schreibe ich darüber noch einen eigenen Blogartikel.
Nitrox EAN Speciality Instructor, weil mit Sauerstoff angereicherte Atemluft aus der Tauchflasche einfach besser ist – vor allem für Handicaptaucher, die in der Regel nicht in die für Nitrox bedenklicheren Tiefen abtauchen.
DPV (Diver Propulsion Vehicule) Speciality Instructor oder etwas verständlicher: Unterwasser-Scooter, weil Taucher mit Gehbehinderung oder -einschränkung damit besser vorankommen. Das war mein Gedanke, warum ich mich dafür zusätzlich ausbilden lassen wollte. Das Problem: Ich bin selbst noch nie mit so einem Ding getaucht, brauchte aber natürlich Erfahrung und mindestens 10 geloggte Tauchgänge mit dem UW-Scooter. Wie ich all das doch geschafft habe und darüber hinaus noch eine fantastische Begegnung mit einem Handicap-Taucher mit eigenem DPV hatte, liest du in einem extra Beitrag, den ich in Kürze schreiben werde.
München-Amsterdam-Aruba-Bonaire. Das Abenteuer IDC startet
10. April 2024, fast 24 Stunden nachdem ich mein zuhause verlassen habe, komme ich müde, erschöpft, aber neugierig endlich bei Buddy Dive Bonaire an. Im 6er Apartment treffe ich John D. aus den USA, der wie ich ein paar Tage früher angereist ist, um sich etwas zu akklimatisieren. Der erste Tag startet so richtig cool, denn ich mache ja erstmal den Scooter-Kurs. Außerdem die Location kennenlernen, das Tauchzeugs zur Tauchbasis bringen, im Divecenter anmelden, Papierkram erledigen, Schlüssel holen, Einführung in die Tauchregeln vor Ort, kurzer Rundgang und dann geht’s auch schon ab ins sehr angenehm warme Wasser, einige Tauchgänge mit etlichen Übungen und schon ist so ein Tag vorbei. Nein, nicht ganz. Ein epischer Sonnenuntergang beendet diesen großartigen Auftakt in mein IDC-Abenteuer.
Am nächsten Tag reisen weitere IDC-Kursteilnehmer aus den USA an, Angela, Troy und Charles, außerdem düse ich zusammen mit Course Director Lars wieder durchs Riff, um noch mehr Erfahrung mit dem Scooter zu sammeln. Noch dazu treffe ich Michael, der aufgrund seiner zunehmenden Muskelschwäche ebenfalls „scootert“ und tauche mit ihm und seinem Mini-DPV ein Stück gemeinsam durchs Riff.
Mein dritter Tag auf Bonaire ist dann der offizielle Start des IDC. Wir sind 7 Kursteilnehmer und -teilnehmerinnen, davon 5 aus den USA, Nancy aus den Niederlanden und ich. Dazu Nancys Mann Maurice, ein erfahrener PADI-Instructor, der seinen Tauchlehrerstatus nach einigen Jahren Pause erneuert und sich mit uns zusammen auf das finale Examen vorbereitet. Außerdem John W. und Olivia, PADI Staff Instructor Anwärter, die uns begleiten. Faszinierende Menschen, jede:r einzelne mit seiner ganz persönlichen Lebensgeschichte, Taucher:innen mit Herz und Seele und einer eigenen Mission.
Es geht gleich knackig los, nämlich mit der Tauchtheorie-Prüfung. Nicht die erste, nicht die letzte. Dann 24 Skills, die mir zwar bestens vertraut sind, aber halt nicht im Meer mit leichter Strömung, schwebend und unter der Fittiche eines strengen Kursleiters. Wer nicht alle Skills perfekt in Demoqualität vorlegt, muss diese in den nächsten Tagen, eingebettet in das ohnehin sehr straffe Programm, nachholen. Es vergeht kein Tag ohne Aufgaben, die wir am Abend per Mail erhalten und bis am nächsten Tag vorbereiten müssen. Bis spät in die Nacht, bei nicht immer stabilem W-Lan, permanenter Hitze (ja, selbst schuld, ich wollte ja unbedingt in die Karibik)….
Auch tagsüber ist der IDC vollgepackt mit Theorie, Workshops und Tauch-Vorbereitungen am Vormittag, gefolgt von Praxis in der „Trainingsarea“ am Nachmittag bis Abend, also einem abgesteckten Bereich auf sandigem Grund im brühwarmen Meer. Gelegentlich weichen wir auf den schönen, aber kleinen Pool aus, um darauf vorbereitet zu sein, die Abschlussprüfungen je nach Laune der Prüfer und Wetterbedingungen dann eben dort zu machen. Da muss man halt flexibel sein und mal eben kurz umdenken. Wie im richtigen Tauchlehrer-Leben eben.
Selbstzweifel - schaffe ich das überhaupt? Köperlich? Mental?
Während also familiy & friends zuhause dachten, ich mache entspannt einen Tauchkurs in der wunderschönen Karibik, war meine IDC-Realität eher gnadenloser Drill. Manch eine:r von uns, ich eingeschlossen, kam damit nicht so gut klar, es flossen Tränen der Verzweiflung, und das Gefühl, den Aufgaben nicht gewachsen zu sein, ohnehin alles falsch zu machen, war teils so übermächtig, dass dann gar nichts mehr ging. Schlafen? Fehlanzeige, zu aufgeregt, zu fertig, zu kurz, zu heiß, zu laut. Entspannen, mal runterfahren, die Pause genießen? Keine Chance, selbst beim Mittagessen waren wir meist so unter Druck, die nächsten Aufgaben zu meistern, das ganze Tauchzeug inklusive notwendiger Utensilien wie Bojen, Hebesack etc. vorzubereiten, pünktlich zu Stelle zu sein. Einer ist bereits nach Tag 2 ausgestiegen – nicht, dass er es nicht geschafft hätte, aber es war nicht sein Weg. Schade, aber konsequent.
Beim Abendessen haben wir uns selbst auferlegt, mal nicht über irgendwas Kursrelevantes zu sprechen. Immerhin. Danach allerdings saßen wir dann meist wieder an Aufgaben, die wir für den nächsten Tag vorzubereiten hatten oder waren am Lernen für die Theorieprüfungen. Nach etwas mehr als der Hälfte des Kurses war ich am Ende meiner Kräfte. Die Hitze, der permanente Schlafmangel und Druck waren zu viel. Ständig habe ich irgendwas verloren oder vergessen, ich wurde zunehmend zerstreuter, unkoordinierter, machte Fehler, hatte Selbstzweifel. Ganz schlecht, und ganz besonders schlecht für mich als MS-Betroffene. Stress sollte ich ja eigentlich vermeiden, haha. Hinzu kamen auch noch so unterschwellige Gedanken, dass ich mir zu viel zumute, dass das möglicherweise einen MS-Schub auslösen könnte, die Hitze, der Druck, all das. Klar, das macht Angst. Und auch wenn ich mir noch vor meiner Abreise, als ich gerade wieder auf den Beinen nach gesundheitlichen Schwierigkeiten, gesagt hatte: „Probier es, und wenn du es nicht schaffst, dann probierst du es eben wieder“. Ich wollte es dann doch unbedingt schaffen und habe mich damit wahrscheinlich selbst noch mehr unter Druck gesetzt.
"Ständig habe ich irgendwas verloren oder vergessen, ich wurde zunehmend zerstreuter, unkoordinierter, machte Fehler, hatte Selbstzweifel. Hinzu kamen so unterschwellige Gedanken, dass ich mir zu viel zumute, dass das möglicherweise einen MS-Schub auslösen könnte, die Hitze, der Druck, all das. Klar, das macht Angst."
Tauchlehrer Ausbildung: Aufgeben ist keine Option?
Oh doch, wenn die Kräfte zu sehr nachlassen und du dir Sorgen um deine Gesundheit machst, ist Aufgeben der einzig richtige Weg, finde ich. Ich wollte mein Bestes geben. Mehr geht ohnehin nicht. Aber ich habe Grenzen, körperlich gesehen liegen die anders als bei anderen, bei Gesunden, bei Jüngeren. Auf mentaler Ebene hat mir dieser Kurs einen regelrechten Kick gegeben. Denn die anderen, meine lieben IDC-Kolleg:innen, haben an mich geglaubt, der Course Director hat an mich geglaubt. Er hat aber auch gesehen, dass ich eine Pause brauchte. Und die habe ich bekommen. Er hat mich für einen Tag aus dem Kurs genommen und mir angeboten, diesen Teil an den Kurs anzuhängen. Als er mir sagte: „Ich möchte, dass du morgen nicht am EFR-Kurs teilnimmst“, war ich erstmal kurz geschockt und dachte, das war es jetzt, aus der Traum vom PADI Instructor.
Die Kraft der Gedanken - glaub an dich, dann schaffst du das
Dabei war es genau dieser Tag Pause, den ich gebraucht habe, um weiterzumachen. Auch die anderen im Kurs hatten ja einen Tag „off“ von all den Übungen, Beurteilungen, Workshop-Vorbereitungen, ständigen Bewertungen und dem Druck, der auf uns allen lastete. Der EFR-Kurs (Erste Hilfe und Zweitversorgung) in der Gruppe macht ja Spaß und ein wenig traurig war ich schon, dass ich nicht teilnehmen konnte. Ich habe ihn dann an meinem Abreisetag nachgeholt.
Wendepunkt - auf der Zielgeraden zum IE (Instrcutor Examination)
Dank der Pause konnte ich endlich einmal etwas mehr schlafen als all die Nächte davor, morgens etwas ausgeruhter frühstücken, mich in Ruhe auf die nächsten Workshops vorbereiten, die Teile der Tauchtheorie zu büffeln, die ich erneut lernen musste, um diesmal die vorbereitende Prüfung fürs finale Examen zu bestehen. Es war weiterhin Stress, Adrenalin und eine mega Herausforderung – aber wir alle haben sie gemeistert, hatten uns gegenseitig bestärkt, unterstützt und Mut gemacht. Wir sind gemeinsam diesen Weg gegangen, der kein leichter war und uns alle sehr herausgefordert hat. Man muss dazu sagen, dass wir, bis auf eine jüngere Teilnehmerin, alle 50+ (teils 60+) waren, quasi die „Rentner“-Truppe, jede:r einzelne mit seinem gewaltigen Lebenspäckchen, das sie oder er mit sich herumträgt, mit seinen Erfahrungen aber auch Visionen, wohin dieser Kurs einen bringen mag. Wir können alle sehr stolz auf uns sein, dass wir das gemeistert haben! Was bleibt? Freunde fürs Leben!
Meine Begeisterung fürs Tauchen darf ich nun also nicht nur in Worten teilen, wie etwa hier auf meinem Blog, als Mutmacherin und Speakerin. Ab jetzt darf ich auch unterrichten und weitergeben, was mich selbst am Tauchen so fasziniert: das Gefühl der Schwerelosigkeit zu erleben, inneren Frieden unter Wasser zu finden, eins mit sich zu sein, frei von Schmerzen, Sorgen und Barrieren. Aktuell bin ich noch dabei, meinen Weg zu finden, wo, wie, wann und in welchem Rahmen ich Tauchkurse anbieten werde. Ich bin offen für Anfragen und gehe gerne individuell auf Wünsche und Angebote ein, als Tauchlehrerin an (Inklusions-) Projekten weltweit mitzuwirken.
Bleibe neugierig und schreibe mir gerne eine Nachricht, wenn du mit mir Tauchen lernen möchtest. Wir finden einen Weg!
Deine
Nicole
Mein Traum, Tauchlehrerin zu werden, ist wahr geworden. Danke!
Danke an Dynamicnord für die großzügige Unterstützung mit nagelneuer, innovativer Tauchausrüstung.
Danke an das gesamte Team von Buddy Dive Bonaire, vor allem an PADI Course Director Lars Bosman, der uns "hart aber herzlich" durch den IDC geführt hat. Wir haben es alle geschafft, es war ein gemeinsamer Erfolg: "Your success is my success."
Danke an meine Familie und Freunde, die mich vor und während meiner Tauchlehrer-Ausbildung als gelegentliches Nervenbündel "ertragen" und mir die notwendigen Freiräume eingeräumt haben.
Danke Angela, Nancy, Maurice, John D. & John W., Charles, Troy und Jen sowie Olivia und Dana für diese intensive gemeinsame Zeit mit euch. You are the best!
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